Das siebende Capitel.

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Z. 2 consideration – Synonym zu den in anderen Kapiteln genutzten Formulierungen „in Erwägung“ oder “in Ansehung“ zu lesen (von lat. consideratio – Beschauung, Betachtung).

Z. 6 die Könige in Schweden und Dennemarck - Zur Zeit von Franckreichs Geist waren das Christian V. (*1646; †1699), König von Dänemark und Norwegen 1670 bis 1699 und Karl XI. (*1655; †1697), König von Schweden 1660 bis 1697.

Z. 26f in Erwegung des Hertzogthums Zweybrücken – In den elsässischen Landesteilen beanspruchte Frankreich auf Basis des Westfälischen Friedens die Vorherrschaft. „und vereinnahmte folglich das Fürstentum Mömpelgard (Besitz der Herzöge von Württemberg), die Territorien von Germesheim und Lauterburg, die Grafschaft Zweibrücken sowie Forbach und andere Orte an der Saar. Noch aufsehenerregender war im September 1681 die Einnahme des mitten im tiefsten Frieden überfallenen Straßburgs, das ohne einen einzigen Kanonenschuß in die Hände des Kriegsministers Louvois fiel. Im Regensburger Stillstand (1684) wurde dem französischen König das Elsaß (mit Ausnahme von Mülhausen, das erst 1798 an Frankreich fiel) "bis auf Weiteres" zugesprochen.“[1] Dies gehört in den Zusammenhang der sog. Reunionskriege, durch die auch Zweibrücken stark in Mitleidenschaft gezogen, schwer zerstört und 1680 französisch besetzt wurde. Erst der Frieden von Rijswijk im Jahre 1697 hob diese Besetzung auf.

Z. 27 Carolo XI. – Karl XI., s. Geist 78/6

Z. 28 tod des Hertzogs von Zweybrücken – Der Wittelsbacher Herzog Friedrich Ludwig von Pfalz-Zweibrücken-Landsberg (*1619; †1681) starb ohne männlichen Nachkommen. Das Erbe fiel an die Linie Pfalz-Kleeburg. Hier bestand seit dem 16. Jahrhundert eine enge verwandtschaftliche Beziehung zum schwedischen Königshaus (Haus Wasa). Daraus ergab sich von 1681 bis 1718 eine Personalunion mit dem schwedischen Thron. Ab 1681 war deshalb König Karl XI. von Schweden als Karl I. auch Herzog von Pfalz-Zweibrücken, konnte sein Erbe aber wegen andauernder französischer Besatzung bis 1697 nicht antreten (s. Geist 78/26).

Z. 36            dem N.N. der sich bey der Nimwegischen Fridens=Tractaten befunden – Es geht hier wohl um Magnus Gabriel Graf De la Gardie (*1622; †1686), einen schwedischen Feldherrn und Staatsmann. Er war als schwedischer Gesandter unter anderem in Frankreich tätig; später Kanzler von Schweden. Seine Geschäfte führte er durchaus im Sinne Frankreichs. Diese Bestechlichkeit („Väßlein voller Louis d´Or“, Zeile 35 spielt darauf an) kostete ihn am Ende seines Lebens alle Besitztümer.



[1] Das Elsass im 17. Jahrhundert, in: Musée virtuel du protestantisme française, URL: www.museeprotestant.org/Pages/Notices.php?noticeid=770&scatid=131&lev=1&Lget=DE   [20.10.2012]

 

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Z. 1 se - [sic], korrigiert in Geist b:so

Z. 12 Graff de Rois – Frederic Charles de La Rochefoucauld (*1632; †1690), Comte de Roye et de Roucy; diente – von französischen Gnaden - in der dänischen Armee.

Z. 35 des Barillas und des Pellissons seine – ´Barillas´ bieten andere Ausgaben als ´Varillas´: Es handelt sich um Antoine Varillas (*1624; †1696), Historiograph des Herzogs von Orleans. Er schrieb unter anderem eine Geschichte Frankreichs von Ludwig XI. bis zu Heinrich IV. und ein Handbuch über Prinzenerziehung.

Paul Pellisson-Fontanier (*1624; †1693) war ein französischer Schriftsteller, der zum katholischen Glauben konvertierte, um sich und sein Werk dann aktiv für die Rekatholisierung einzusetzen. In seiner offiziellen Biographie als Mitglied der Académie française steht zu lesen: „En 1671, il prononça un Panégyrique de Louis XIV, qui fut traduit en italien, en espagnol, en anglais, en latin et en arabe, et en 1676 il harangua, au nom de l’Académie, Louis XIV sur ses conquêtes.[1] Möglicherweise zielt der Seitenhieb des Autors „vermietete und verpachtete Federn“ auf solcher Art ´Lobhudelei´. „Von Voltaire stammt das Diktum, Pellisson sei ein «poète médiocre à la vérité, mais homme très savant et éloquent» gewesen (ein eigentlich mittelmäßiger Dichter, aber ein sehr gelehrter und beredter Mann).[2]

 

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Z. 2 auf die Türckische Art – Konnotationen von ´türkisch´ im 17. Jahrhundert: „von staatlichen einrichtungen der Türken als inbegriff ungewöhnlicher machtfülle und herrlichkeit, aber auch uneingeschränkter despotischer willkür (...) mit negativer bewertung als folge der verachtung orientalischer lebens-, denk- und glaubensformen“.[1]

Z. 5f Ja wann das Lüneburgisch=und Braunschwei=gische Haus – Das welfische Herzogtum Braunschweig-Lüneburg entstand 1235 und wurde im Hochmittelalter mehrfach geteilt. In den 1680er Jahren existierten nebeneinander die Fürstentümer Braunschweig-Wolfenbüttel, Lüneburg und Calenberg-Göttingen. Gemeint sind daher mit „das Lüneburgisch=und Braunschwei=gische Haus“, folgende Welfenfürsten, allesamt nominell Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg, aber jeweils in anderen Landesteilen (s. Geist 85/7f):[2]

Ernst August (*1629; †1698), Herzog von Braunschweig-Calenberg mit der Residenzstadt Hannover. 1692 wurde Ernst August der erste Kurfürst von Hannover. Sein Sohn Georg Ludwig (*1660; †1727) bestieg 1714 als Georg I. den Thorn von Großbritannien und Irland.

Georg Wilhelm, (*1624; †1705), Bruder von Ernst August; von 1665 bis 1705 regierender Fürst des Fürstentums Lüneburg mit der Residenzstadt Celle. Nach seinem Tod wurde das Fürstentum Lüneburg mit Kurhannover vereinigt.

Anton Ulrich (*1633; †1714), seit 1666 zusammen mit seinem älteren Bruder Rudolf August (*1627; †1704) Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. Anton Ulrich stand beispielhaft für den Typ des aufgeklärt-absolutistischen Herrschers, der an Macht und Pracht ebenso interessiert ist wie an Fortschritt, Kunst und Bildung. 1689 kämpften Truppen aus Wolfenbüttel noch gegen Frankreich, später schloss Anton Ulrich aber ein enges Bündnis mit Ludwig XIV. und gegen den Kaiser. 1709 konvertierte er sogar, zunächst heimlich, zum katholischen Glauben.

Z. 13 Ich sage zu meinem Knecht… – Bibelzitat: „Der Hauptmann antwortete und sprach: (…) Denn ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe unter mir Kriegsknechte; und wenn ich sage zu einem: Gehe hin!, so geht er; und zum andern: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er’s. “ (Matthäus 8,8-9, Hauptmann von Kapernaum)

Z. 23f Verreinigte Niderlande - [sic], korrigiert in Geist b:Vereinigte Niderlande

Z. 29 Hertzogthums Hollstein – Seit dem 15. Jahrhundert war der dänische König in Personalunion auch Herzog von Holstein gewesen. 1675 bis 1679 und wieder 1684 bis 1689 ließ der dänische König Christian V. (*1646; †1699) auch den Teil Holsteins besetzen, der dem Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf gehörte. Frankreich setzte sich für die dänische Position ein, unterlag aber gemeinsam mit Dänemark bei den Verhandlungen zum Altonaer Vertrag 1687/88 einer Koalition Englands, Brandenburgs, des Alten Reiches und anderer. 1689 musste Christian V. darum seine Eroberung wieder abtreten. Die Grenzziehung blieb in der Region Schleswig/Holstein bis tief in das 19. Jahrhundert hinein umkämpft (1864 deutsch-dänischer Krieg).

Z. 30 Aber bildet sich wol Christian V mit Ernst eins. Geist 80/29



[1] Grimm, Wörterbuch, Band 22, Sp. 1865, 41

[2] Stammbaum der Hannoverschen und Celler Welfen sowie weitere Erläuterungen bei Hirsch, Leibniz, S. 138ff; s. über das Welfenhaus auch Fischer, Leibniz, S. 108ff. 

 

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Z. 4 die Stadt Hamburg – Die hier beschriebene Niederlage am 26. August 1686 verdankten die dänischen Truppen einem Bündnis der hamburgischen Bürgerschaft mit dem welfischen Fürstentum Lüneburg-Celle.

Z. 11 Christianus V. – Christian V. (*1646; †1699), 1670 bis 1699 König von Dänemark und Norwegen.

Z. 37f Die Heyrath / so es mit dem Dähnischen Prinzen Georgio… – Georg, Prinz von Dänemark (*1653; †1708) und Bruder von Christian V. Er war Prinzgemahl der Anne Stuart (*1665; †1714), von 1702 bis 1707 Königin von England und Schottland, 1702 bis 1714 Königin von Irland.

 

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Z. 16f Feindschafft zwischen der Princessin Maria / und der Princessin Anna – Maria II. (Mary, *1662; †1694) herrschte von 1689 bis 1694 gemeinsam mit ihrem Ehemann Wilhelm von Oranien über England, Schottland und Irland. Damit war sie die unmittelbare Vorgängerin ihrer Schwester Anne Stuart (s. Geist 81/37). Der Machtübergang von Maria/Wilhelm auf Anna/Georg verlief, entgegen der Befürchtungen des Autors von Franckreichs Geist, vergleichweise harmonisch. Und nach Wilhelms Tod 1702 bestieg Anne Stuart den britischen Thron.

Z. 24f den Printz Georgen / in unterschiedliche böse Händel – Was der Autor hier – wie immer gut informiert - befürchtete, trat nicht ein. Georg von Dänemark war zwar tatsächlich aktiv verstrickt in die Geschehnisse der Glorious Revolution, die zur Absetzung Jakobs II. führten. Aber er schlug sich auf die Seite Wilhelms von Oranien, was sicherlich nicht den ´heimlichen Anstiftungen und Anweisungen´ (Z. 24) Ludwig XIV. entsprochen haben dürfte.

Z. 29 Das Beispiel des Hertzogs von Montmouth – James Scott, Herzog von Monmouth (*1649; †1685), war ein unehelicher Sohn König Karls II. von England und beanspruchte nach dem Tod seines Vaters anstelle von Jakob II. den englischen Thorn. Die nach ihm benannte Monmouth-Rebellion wurde blutig niedergeschlagen und endete mit seiner Hinrichtung.

Z. 34 vermittels der N.N. – “durch die Jesuiten” (Bißhero)

Z. 35f vor der Geburt seines jungen Printzen von Wal=lis – James Francis Edward Stuart, Sohn Jakobs II. von England, wurde am 10. Juni 1688 geboren. Zum Prince of Wales wurde er am 4. Juli 1688 ernannt, im Alter von drei Wochen Dies ist eine der aktuellsten Nachrichten, die der Autor in Franckreichs Geist noch verarbeiten konnte (s. Geist 77/33f). Die Landung Wilhelms von Oranien in England (5. November 1688) und die Absetzung Jakobs II. erfolgten gewissermaßen nach Redaktionsschluss. Nach der Absetzung seines Vaters ging James Stuart als ´the Old Pretender´ in die Geschichte ein, der seinen Anspruch auf den englischen und schottischen Thron bis zu seinem Tod 1766 nicht aufgab. 

 

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Kommentar zu Seite 83

Z. 13 die Princessin von Oranien – Maria II. (Mary, *1662; †1694), von 1689 bis 1694 gemeinsam mit ihrem Ehemann Wilhelm Königin von England, Schottland und Irland (s. Geist 82/16).

Z. 33 Und wer kans wissen… – Hier erweist sich der Autor einmal mehr als kluger Kenner der laufenden Entwicklungen. Er hält immerhin für möglich, dass die Pläne Ludwig XIV. mit seinem Verbündeten Jakob II. nicht aufgehen und sich „diese Grosse und Tugendhafte Princessin“ - gemeint ist Maria, die älteste Tochter von Jakob II. und Gattin Wilhelms von Oranien (s. Geist 82/16) - „als eine andere Judith“ (Z. 34) entpuppt. Tatsächlich stürzen Maria und Wilhelm den eigenen Vater/Schwiegervater Jakob II. noch im gleichen Jahr 1688.

Die Judith-Metapher stammt aus dem (nach protestantischer Lesart) apokryphen Buch Judith des Alten Testaments. Darin wird geschildert, wie die schöne, reiche und gottesfürchtige Witwe Judith im Lager Nebukadnezars den General Holofernes aufsucht und ihn mit seinem eigenen Schwert enthauptet (Buch Judith, 13, 9). Die Enthauptung des Holofernes war ein ausgesprochen ´beliebtes´, in der bildenden Kunst auch des 17. Jahrhunderts immer wieder dargestelltes Motiv. 

 

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Kommentar zu Seite 84

Z. 14 den Frantzösischen Emissarien – „Jean Hérault de Gourville und sein Neffe François de Gourville waren 1687, der junge Gourville ein zweites Mal 1687–1689 in Hannover, während gleichzeitig der Sieur de Bourgeauville 1685–1687 in Celle für Frankreich arbeitete.“[1]

Z. 19f Wann der Bois=David – Marquis Anton Simon du Boisdavid (*??; †1706), von 1682 bis 1705 in Diensten des Herzogs Georg Wilhelm in Celle (Geist 80/5f). In anderen Geist-Ausgaben steht vor diesem Satz noch eine Erläuertung, die den Sinn klarer macht: Es geht um Korruption. „Etliche MInistri dieser Fürsten beschmieren offthmals ihre Finger alzuviel mit Spiritu aureo Gallico, Bois-David und St. Pouange[2] solten uns was diesen Hoff betrifft / den besten und sichersten Bericht davon geben können“ (Bißhero).

Z. 21f wegen eines Zwey=Kampffs den er mit dem Aubijou angegangen- Simon Francois de Toiras, Comte d´Aubijoux, starb 1678 im Pistolenduell mit dem Marquis Bois-David.[3]



[1] Leibniz, Relatio, S. 70, Fußnote 13

[2] St. Pouange diente Voltaire in seinem Roman L´ingénu (erschienen 1767, deutsch u.a. unter dem Titel Das Naturkind) als die Verkörperung der Korruption.

[3] „1678 tué en duel au pistolet par le marquis de Bois-David“ URL:

   www.marcenat.com/genealogie/f0230.htm#P_82 [10.11.2009]

 

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Kommentar zu Seite 85

Z. 5f Franckreich aber hat sein absonderliches Absehen – In dieser Passage wird die Bedeutung der „Lünebur=gisch= und Braunschweigischen Herren“ für die europäische Machtpolitik noch einmal besonders betont, und dies lange vor der Verleihung der neunten Kur an Hannover.

Z. 7 Wann der König in Spannien oder der König in Engelland plötzlich mit dem Tod abgehen sollte – Zu „der König In England“ und die Welfen: 1714 starb Anne Stuart, die Königin von England, ohne männlichen Nachkommen. Ihr Sohn Wilhelm war bereits im Alter von elf Jahren gestorben. Das Thronfolgegesetz aus dem Jahr 1701 (´act of settlement´) bestimmte, dass nur protestantische Nachkommen des Hauses Stuart den englischen Thron besteigen durften. Als Sohn von Sophie von der Pfalz, der Enkelin des englischen Königs Jakobs I., stand Georg Ludwig (*1660; †1727), Sohn des 1688/89 amtierenden Welfen-Herzogs von Braunschweig-Calenberg Ernst August (*1629; †1698), als Nächster in der Thronfolge. 1714 wurde er als Georg I. zum König von Großbritannien und Irland gekrönt.

Zu „der König in Spanien“ und die Welfen: Der Wolfenbütteler Welfen-Herzog Anton Ulrich (*1633; †1714) stärkte die dynastische Verbindung seiner Familie mit den Habsburgern- Er veranlasste, dass seine Enkelin Elisabeth Christine (*1691; †1750), nachdem sie katholisch geworden war, den Habsburger Erzherzog Franz Joseph (*1685; †1740) heiratete. Dieser wurde als Karl VI. von 1711 bis 1740 Kaiser und als Karl III. designierter König von Spanien.

Z. 33 purgiren = abführen

 

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Kommentar zu Seite 86

Z. 16 Casimirus / des Sigismundi Sohn – Johann II. Kasimir (*1609; †1672) war ab 1648, als König von Polen und Großfürst von Litauen, der gewählte Regent des Staates Polen-Litauen sowie bis 1660 Titularkönig von Schweden. Sein Vater Sigismund III. Wasa (*1566; †1632) war von 1592 bis zu seiner Absetzung durch den schwedischen Reichstag 1599 noch de facto König von Schweden gewesen. Er regierte Polen und Litauen von 1587 bis 1632.

Z. 19f den Printzen Carl seinen Oheimb – Herzog Karl von Södermanland (*1550; †1611) war zunächst Reichsverweser von 1599 bis 1604, danach als Karl IX. König von Schweden von 1604 bis 1611 (und Vater von Gustav II. Adolf von Schweden).

Z. 22 der in 30 P.P. bestand – „un Senat composé de quarante jesuites“ (Esprit). Ausführlich findet sich diese Anekdote in den anonym publizierten, mitunter Courtilz de Sandras zugeschriebenen Interets et Maximes des Princes & des Estats Souverains. von 1666, S. 124f.

Z. 27 20. bis 30. Schiffen – Hier weicht Geist leicht ab von Esprit (“avec 25. ou 30. navires”), Spirit&Esprit ist an derselben Stelle korrekter: “25. bis 30. Seegel”.

 

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Kommentar zu Seite 87

Z. 3      dem Ertz=Hertzlichen Haus Oerreich – [sic], gemeint ist natürlich, wie in Geist b korrigiert, „dem Ertz=Hertzoglichen Haus Oesterreich“.

Z. 4      anjetzo regierende König Johannes – Johann III. Sobieski (*1629; †1696), König von Polen 1674-1696, bekannt vor allem als „Retter von Wien“ gegen die Türkengefahr.

Z. 4f dessen Gemahlin als eine Frantzösin – Maria Kazimiera Sobieska, eigentlich Marie Casimire Louise de la Grange d’Arquien (*1641; †1716) war eine französische Adelige.

Z. 6 des Bischoffs von Beauvias – 1680/81 war Toussaint de Forbin-Janson (*1631; †1713) außerordentlicher Botschafter in Polen.

Z. 8 fleissiges Solicitieren – „verb., aus lat. sollicitare, ... solicitiren, ansuchen, um rechtshilfe bitten“[1]

Z. 16f dem Marggrafen d´Arquier, der Königin in Poh=len ihrem Vatter – Henri Albert de La Grange d’Arquien (*1613; †1707).

Z. 24 Satisfaction = Genugtuung in zwei Worbedeutungen: „befriedigung von ansprüchen ... genugthuung für kränkungen“[2]



[1] Grimm, Wörterbuch, Band 16, Sp. 1506, 5

[2] Grimm, Wörterbuch, Band 5, Sp. 3517, 4

 

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Kommentar zu Seite 88

Z. 1 seinem Sohn die Reichs=Nachfolges. Geist 15/38

Z. 13 Viro immortali = ´dem unsterblichen Manne´; Inschrift auf einer Statue Ludwig XIV., die der Comte de La Feuillade (*1631; †1691), Marschall von Frankreich, vom Hofbildhauer Martin Desjardins auf dem Pariser Place des Victoires errichten und 1686 einweihen ließ. Sie „stellte Ludwig XIV. im Krönungsornat dar, wie er ... mit dem rechten Fuß einen dreiköpfigen Zerberus niedertrat – Sinnbild der im zurückliegenden Krieg besiegten Tripelallianz[1]. Die Errichtung der Statue zog schon zeitgenössisch in zahlreichen Schriften heftige Kritik auf sich, als ´übermäßige Leidenschaft´ und ´Eigenliebe von ungeheurem Ausmaß´.[2] 1792 wurde die Statue im Gefolge der Französischen Revolution eingeschmolzen.

Z. 14 Cum fistula inani – „allein so hab ich hin=wiederum auch dabey gefunden“ (Z. 13f) verweist auf die römische Tradition der sprechenden Statuen (s. Geist 88/26). “cum fistula in ano“ (Spirit) ist wohl die richtige Variante (und ein recht grober Scherz): „mit einer Fistel im Darm“.

Z. 18f Madame la, Princessin von Conti la Valliere – [sic], s. Geist 26/22

Z. 26f jenen beyden Ertz=Schelmen / dem Pasquino und Marforio – Pasquino und Marforio: antike Statuen in Rom, an die seit dem 15. Jahrhundert anonyme Spottverse über die aktuellen Machthaber, ihre Politik und ihre Skandale angeheftet wurden. Im Falle des Pasquino hat sich diese Tradition bis zur Gegenwart erhalten. „Pasquill heißt in der Folge jede bissige anonyme Schmähschrift, die Ereignisse, Zustände und Personen verspottet ... synonym mit Flugschrift und Satire verwendet.“[3]

Z. 28f auf der lincken Seiten alsdann geschlossene Verbindnus – morganatische oder Ehe zur linken Hand: Ehe mit einem Partner von niedrigerem Stand und/oder zur Legalisierung einer Mätresse.

Z. 33 des Königs in Portugall – Peter II. (Dom Pedro II., *1648; †1706), genannt der Friedfertige´(O Pacífico), regierte von 1683 bis 1704.

Z. 34 Uberläste – Überlast = „übergrosze last, sodann bildlich und in abgezogener verwendung für: belästigung, beschwerde[4]

Z. 36f eine Neuburgische Princes=sin im vorigen Jahr ehelichen beylegen lassen – Marie Sophie von der Pfalz (*1666; †1699), Tochter des Kurfürsten Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg und der Landgräfin Magdalena von Hessen-Darmstadt. Ehefrau des portugiesischen Königs Peter II. und dadurch Königin von Portugal von 1687 bis 1699 (s. Geist 88/33).



[1] Ziegler, Historiographie, S. 162

[2] s. Kleyser, Flugschriftenkampf, S. 56; alle Inschriften finden sich zeitgenössisch dokumentiert (und persifliert) in: Regnier-Desmarais, François Séraphin: Beschreibung Der Ruhm= sücht= und Hochmüthigen Ehren-Seule / Welche Ludovico XIV, Könige in Franckreich / Auff dem Platz Sainte Victoire zu Pariß auffgerichtet worden / Durch Den Mareschal und Hertzog de la Feuillade. Wobey mit angefüget einige Gegen=Schrifften / So wohl auff das Praedicat Ihrer Majestät Dem Unsterblichen / Als auch die übrigen Auff=Schrifften, Dem Günstigen Leser bey gegenwärtiger Zeit in Teutscher Sprache für Augen gestellet. Gedruckt zu Straßburg auf dem hohen Thurm Münster / Bey Prahl=Hans Lufft=Springern / Im Jahre 1690, URL: http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10814893-2 [20.10.2012]

[3] Rohner, Streitschrift, S. 244; Hagelweide, Flugblatt, S. 41

[4] Grimm, Wörterbuch, Band 23, Sp. 367, 33

 

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Pagina 89

Kommentar zu Seite 89

Z. 10f so ungefähr um das 1640ste Jahr geschehen / da die Portugiesen das Spannische Joch von sich geschüttelt – 1580 fiel Portugal an die spanischen Habsburger, verlor seine Unabhängigkeit vollständig und erhielt nur noch den Status einer spanischen Provinz. Dies änderte erst 1640 eine Adelsrevolte gegen die spanische Herrschaft. Ihr Anführer, der Herzog von Braganza, rief sich als Johann IV. (Dom João IV, *1604; †1656) zum König des wieder unabhängigen Portugal aus.

Z. 16f daß Portugall mit den Königreichen Castilien / Arragonien / und Grena=da grentzet – Hier beschreibt der Autor recht ironisch, wie perfekt aus Sicht der Hegemonialmacht Frankreich Portugal zu Spanien passen würde. „Portugal würde sich „zu denselben überaus wol schicken“ (Z. 17), denn: Aragon oder Kastilien waren schon sehr lange integrale, ja konstituierende Teile Spaniens, auch wenn Aragón noch bis 1699 im Namen der spanischen Könige von eigenen Vizekönigen regiert wurde. 1469 hatten Königin Isabella I. von Kastilien (*1451; †1504) und Ferdinand II. von Aragon (*1452; †1516) geheiratet, Aragon und Kastilien vereinigt und damit den Grundstein für das Entstehen des heutigen Spanien gelegt.

Granada (nicht „Grenada“) war die letzte maurische Bastion in Spanien, die 1492 fiel.

Z. 18 Königreich Austrasien – Austrasien oder auch Austrien bezeichnet für gewöhnlich den östlichen Teil des Frankenreichs im Gegensatz zu Neustrien (dem Westreich). Seit der Reichseinigung unter den Karolingern im 8. Jahrhundert hatte der Name jede politische oder geographische Bedeutung verloren. Gemeint ist hier aber wohl, dass „der König“ (Z. 18, Ludwig XIV.) auch wesentlich ältere Besitzrechte als die Spaniens an Portugal nicht achtet und beispielsweise die Herzöge von Lothringen aus ihrem Land vertrieb, wo sie etwa seit dem Jahr 904 geherrscht hatten.

Z. 19f die Printzen / die einen guten Theil desselben bereits bey 600. Jahr lang ruhig besessens. Geist 89/18.

Z. 21f Die Furcht bewachet den Weinberg … – niederländisches Sprichwort: „ De vrees bewaart den wijngaard meer dan de wachter“ (Die Furcht und nicht der Flurschütz bewacht den Weinberg).[1]

Z. 22f … und will die Mißvertraulichkeit zum öfftern die Mutter der Sicherheit seyn„Misstrauen ist die Mutter der Sicherheit - La méfiance est la mère de la sûreté“; zeitgenössischer Aphorismus von Jean de La Fontaine (*1621; †1695), der in Esprit zitiert wird („la méfiance se trouve souvent la mere de sureté“)

Z. 29 Jahr=hundrrt - [sic], korrigiert in Geist b:Jahr=hundert



[1] Harrebomeé, Spreekwoordenboek, S. 409, URL: http://www.dbnl.org/tekst/harr001spre01_01/harr001spre01_01_0036.php#a5449 [20.10.2012]

 

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Kommentar zu Seite 90

Z. 4f Re=lation = Zeitung, Bericht. ´Aviso, Relation oder Zeitung´ hieß eine der ersten regelmäßig erscheinenden Zeitungen weltweit; die erste Ausgabe trägt das Datum 15. Januar 1609 und wurde in Wolfenbüttel herausgebracht.

Z. 13 dieselben Dergestalten - [sic], korrigiert in Geist b:dieselben dergestalten

Z. 14f HErr / was wilt du / dass wir thun sollen – „Herr, was willst du, das ich tun soll?“ (Apostelgeschichte 9,6, Bekehrung des Saulus)

Z. 17 Oculisten = Augenarzt

Z. 22f dem König in Franckreich einen Mitbuhler zu ge=ben / der ihm eine gleiche Waag=Schale halten – Wer dieser „Mitbuhler“, dieser „andere Jousa“ (Z. 32) sein soll, wird nicht ganz klar. Es sei nur „um einen einigen Streich zu thun ... das gantze Europa siehet ihn“ (Z. 27f). Vemutlich spricht der Autor hier von Wilhelm von Oranien und seiner bevorstehenden Invasion in Großbritannien. Franckreichs Geist wurde 1688 in den Niederlanden verfasst; wer dort lebte und so gut informiert war wie der Autor, dem konnten Wilhelms Vorbereitungen nicht verborgen bleiben.

Z. 32f einen andern Josuas. Geist 90/22. Nach dem alten Testament (Buch Josua) ist Josua der Nachfolger des Moses; er führte das Volk Israel ins gelobe Land.

 

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